Weißt Du, was Du besitzt?

Weißt Du, was Du besitzt?

Auf den ersten Blick mag dies eine absurde Frage sein. Es handelt sich jedoch um ein ernstes Thema, das in der Regel unter den Teppich gekehrt wird und schwerwiegende Folgen im Diesseits und im Jenseits hat. Obwohl Du vielleicht denkst, dass Du die Antwort auf diese Frage kennst, lies weiter und frage dich, ob Du wirklich weißt, was Du besitzt.

  1. Frage Dich
  • Wem gehört das Haus, in dem Du wohnst? Was ist mit deinem zweiten Haus? Gehört es dir oder deinem Ehepartner? Oder ist es ein gemeinsames Eigentum und wenn ja, zu welchem Anteil?
  • Wem gehört das Geld auf dem gemeinsamen Bankkonto und in welchem Verhältnis?
  • Wem gehört das Auto/die Autos, die Du und deine Familie nutzen?
  • Wem gehören die Handys und die Computer in deinem Haus?
  • Wem gehören die Haushaltsutensilien und Möbel?
  1. Warum ist es wichtig, das alles zu wissen?
  • Die Unklarheit über das Vermögen einer verstorbenen Person wirkt sich auf die Höhe der Erbschaft aus, die den Erben zusteht.

    Wenn zum Beispiel eine Ehefrau zu Lebzeiten ihrer Eltern stirbt und ihr die Hälfte des Hauses gehört, erben die Eltern der Ehefrau zusammen mit den anderen Erben einen Teil des Hauses. Der Ehemann kann nicht das Eigentum am ganzen Haus beanspruchen. Wenn also das Eigentum am Anteil der Ehefrau nicht geklärt wurde oder unklar ist, kann dies zu Streitigkeiten führen und dazu, dass das Erbe nicht richtig verteilt wird.

    Ein ḥadīth besagt: “Wer auch immer [eine Person] von dem Erbe beraubt, das Allah festgelegt hat, den wird Allah von seinem Anteil am Paradies berauben.” 1

  • Die Mehrdeutigkeit des Vermögens einer verstorbenen Person wirkt sich auf die Höhe des Vermögens aus, das einer Person aufgrund eines Vermächtnisses zusteht.

    Wenn zum Beispiel eine verstorbene Person 1/3 seines Vermögens einem Freund zugewiesen hat, kann der Anteil nicht berechnet werden, wenn das Vermögen der verstorbenen Person mehrdeutig ist.

  • Die Unklarheit über das Vermögen einer Person könnte zu Streitigkeiten zwischen den Erben oder zwischen dem Ehemann und der Ehefrau zum Zeitpunkt der Trennung führen.

    Wenn sich zum Beispiel der Ehemann von der Ehefrau scheiden lässt und die Eigentumsverhältnisse am Haus nicht geklärt wurden, kann die Ehefrau das Eigentum an der Hälfte des Hauses beanspruchen, während der Ehemann das Eigentum am ganzen Haus beansprucht.

  • Die verstorbene Person ist für die Unklarheit und die daraus resultierenden Streitigkeiten verantwortlich.

  • Es ist auch wichtig zu wissen, was Du besitzt, um sicherzustellen, dass Du deine Zakāh genau berechnest.
  1. Nun, warum wird dies nicht thematisiert?
  • Die Eigentumsverhältnisse werden in Familien oft nicht angesprochen, um den Gedanken an eine Trennung oder den Tod zu verdrängen.

  • Es gibt oft ein stillschweigendes oder ausdrückliches Verständnis, dass, wenn einer der Ehepartner stirbt, der andere das Eigentum an allen Vermögenswerten übernimmt.

    Dies steht im Widerspruch zu den islamischen Lehren. Zwar ist eine Person berechtigt, einen Teil oder das gesamte Vermögen zu Lebzeiten zu verschenken, allerdings hat der Islam die Erbanteile für die Erben festgelegt, einschließlich für Ehepartner nach dem Tod einer Person. Daher haben Ehegatten Anspruch auf einen Teil des Vermögens des anderen, aber nicht auf das gesamte Vermögen.

    Eine Person darf nur bis zu einem Drittel des Vermögens für Nichterben, zum Beispiel entfernte Verwandte oder wohltätige Zwecke, festlegen. Da Ehepartner jedoch Erben sind, ist es nicht erlaubt, einen Teil des Vermögens für sie in einem Testament oder anderweitig festzulegen, und wenn man dies tut, ist dieser Teil des Testaments ungültig. Unser Prophet ﷺ sagte: “Wahrlich, Allah hat jedem Berechtigten sein Anrecht gegeben, so dass es kein Vermächtnis für einen Erben gibt.” 2

  • Ein wesentlicher Grund für die fehlende Klarstellung der Eigentumsverhältnisse ist eine Zwickmühle.

    Einerseits könnte ein Ehemann empfinden, dass die Ehefrau nach seinem Tod irgendeine Form von Unterkunft haben sollte. Daher verschenkt der Ehemann die Hälfte des Hauses an die Ehefrau. Dies führt dazu, dass die Ehefrau nach dem Tod des Ehemannes Eigentümerin der Hälfte des Hauses bleibt und auch einen Anteil von der anderen Hälfte erbt. Dies bietet ein gewisses Maß an Sicherheit, obwohl nach islamischer Auffassung die Familienangehörigen dafür verantwortlich sind, die Ehefrau zu versorgen.

    Anderseits kann der Ehemann über die Auswirkungen im Falle einer Trennung oder wenn die Ehefrau zuerst stirbt, in Betracht ziehen. Im ersten Fall behält die Ehefrau das Eigentum an der Hälfte des Hauses, während im zweiten Fall die Erben der Ehefrau die Hälfte des Hauses erben werden. Dazu können auch die Eltern der Ehefrau gehören, wenn sie noch leben. Als Erbe erbt der Ehemann ebenfalls einen Anteil an der Hälfte des Hauses, aber nicht das ganze Haus.

    Jeder hat das Recht, über sein Vermögen so zu verfügen, wie er es für richtig hält; allerdings kann man nicht beides haben. Entweder behält eine Person das gesamte Eigentum oder sie macht zu Lebzeiten eine Schenkung (eine “echte” Schenkung, so dass im Falle einer Trennung der Ehepartner das Eigentum an der Schenkung behält).
  1. Welche Maßnahmen musst Du ergreifen?
  • Dies ist ein ernstes Thema, welches man richtig verstehen und nicht unterschätzen sollte.
  • Der erste Schritt ist, dass Du all deine Vermögenswerte, ob monetär oder nicht, identifizieren und diese aufschreiben musst. Vergiss nicht, alles mit einzuschließen, besonders kleinere Gegenstände, da das Erbrecht für alle Gegenstände gilt. Du bist dafür zur Rechenschaft zu ziehen, wenn Du dies nicht geklärt hast. Zusätzlich zu deinem Vermögen solltest Du auch verliehene oder geliehene Gegenstände aufscheiben.
  • Dies kann Besprechungen mit Familienmitgliedern erfordern, die sich als schwierig erweisen können. Allerdings sind diese schwierigen Gespräche besser früher als später zu führen. Wenn nötig, konsultiere einen kompetenten Gelehrten.
  • Denke daran, dass die Eigentumsverhältnisse nicht unbedingt durch die Namen auf den Urkunden oder den Namen auf dem Bankkonto bestimmt werden, obwohl dies helfen kann, die Art und den Anteil des Eigentums zu bestimmen.
  • Das Verfassen eines Testaments ist notwendig, um mögliche Unklarheiten nach dem Tod zu beseitigen, und sollte eine Reihe von Belangen umfassen. Es gibt viele Organisationen und Vorlagen, die bei der Verfassung von Testamenten helfen.
  • Es ist wichtig, dass dein Testament klarstellt, was Du besitzt, besonders in Bezug auf deine wichtigsten Vermögenswerte, die zu Streitigkeiten führen können. Dein Testament sollte auch klären, ob Du Miteigentümer von Vermögenswerten bist und wie hoch dein Anteil am Vermögen ist.
  • Dein Testament sollte auch die Schritte erläutern, die unmittelbar nach dem Tod unternommen werden sollen. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, zum Beispiel in Bezug auf die Zahlung von Rechnungen und die Nutzung von Strom und anderen Haushaltsgegenständen, die Du besitzt und die vor einer weiteren Nutzung geregelt werden müssen.
  • Sprich mit deinem lokalen Gelehrten und verstehe die Vorschriften des islamischen Testaments, der Erbschaft und der damit verbundenen Angelegenheiten.

    Der Prophet ﷺ sagte: “Wahrlich, ein Mann und eine Frau handeln sechzig Jahre lang im Gehorsam gegenüber Allah, dann, wenn der Tod sich ihnen nähert, verursachen sie durch ihren Willen einen Schaden, so dass sie in die Hölle kommen müssen.” 3

    Der Prophet ﷺ sagte: “Es ist die Pflicht eines Muslims, der etwas zu vererben hat, keine zwei Nächte verstreichen zu lassen, ohne dass er ein Testament verfasst hat.” 4
  1. Stell dir diese Frage

Wenn Du jetzt stirbst, hast Du alle notwendigen Informationen in einem Dokument hinterlassen, das klarstellt, was Du besitzt, keine Unklarheiten für die Erben hinterlässt und keinen Raum für Streitigkeiten lässt? Wenn nicht, handle jetzt.

[Mufti] Yusuf Shabbir (Blackburn, UK)
Original veröffentlicht auf IslamicPortal.co.uk
  1. Sunan Saʿīd ibn Manṣūr, 285; Shuʿab al-Imān, 7594
  2. Sunan Abū Dāwūd, 2870; Sunan al-Tirmidhī, 2120
  3. Sunan al-Tirmidhī, 2117; Sunan Abū Dāwūd, 2867
  4. Ṣaḥīḥ al-Bukhārī, 2738

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